Ohne Ladeinfrastruktur keine Elektromobilität – soviel ist klar. Aber wie funktioniert so eine Ladesäule eigentlich? Zwei Teams einer Abschlussklasse der Technischen Beruflichen Schule 1 (TBS1) wollten das genauer wissen. Ihr Abschlussprojekt war der Bau einer eigenen Ladesäule.
Des erste Team kümmerte sich um die Hardware, was bei einer Ladesäule größtenteils Elektrotechnik ist. Auf der Suche nach Inspiration haben sich die Studierenden zunächst einmal bestehende Ladesäulen angeschaut – und mit Erschrecken festgestellt, dass viele Ladesäulen aus Kostengründen den Fehlerstromschutzschalter (FI-Schalter) weglassen. Dieser ist bei den hohen Ladeströmen recht teuer, so dass bei vielen Säulen auf den Sicherheitsgewinn verzichtet wird.
Ein Blick auf die elektrotechnischen Komponenten. Bild © Ernesto Ruge, ruhrmobil-E e.V.
Für die angehenden Elektrotechniker war das natürlich keine Option. Am Ende sollten zwei voneinander unabhängige Ladepunkte entstehen, an denen entweder mit 22 kW am Typ2-Stecker (verriegelt) oder mit 2,7 kW am SchuKo-Stecker geladen werden kann. Außerdem sollte das System bis auf den Stromanschluss eigenständig sein und somit nicht auf externe Dienstleister angewiesen sein.
Der Eigenbau der Säule selbst war zu aufwändig, so dass man ein leeres Ladesäulen-Messeobjekt von Walther als Gehäuse nahm. Neben den Typ2- und SchuKo Buchsen und dem Fehlerstromschutzschalter war noch ein Ladecontroller, ein Energiezähler, eine Ladeschütze, eine Schnittstellen-Karte mit Anbindung an einen Raspberry Pi von Nöten. Um das System zu testen, wurde dann zusätzlich noch eine 1,2 kW Simulationslast aus Halogenstrahlern gebaut, welche an den Typ2 Stecker angeschlossen werden kann und welche die Typ2-eigene Ladesäule-Auto Kommunikation beherrscht.
Die Hardware wurde mit viel Selbstentwicklunsgarbeit angefertigt – aber was ist mit der Bedienung der Säule? Dies war die Aufgabe der Gruppe Elektronik.
Die beiden verbauten 7 Zoll Displays von hinten. Bild © Ernesto Ruge, ruhrmobil-E e.V.
Die zentrale Steuerungseinheit war je Ladepunkt ein Raspberry Pi. Eine Port-Erweiterung stellte dringend benötigte zusätzliche Steuerungsein- und ausgänge zur Verfügung. Zudem sorgte ein UMTS-Stick für eine telefonische Erreichbarkeit sowie ein 7 Zoll Display für die Anzeige.
Der Raspberry Pi bekam das Betriebssystem Raspbian, ein auf Debian Linux basierendes System speziell für den Pi. In der Programmiersprache Python wurde anschließend die Benutzeroberfläche und Ladelogik entwickelt.
Die Authentifizierung des Nutzers sollte so erfolgen, dass man das Fahrzeug einsteckt und dann kurz eine auf dem Display angezeigte Nummer anruft. Der UMTS-Stick registriert den Anruf und die Nummer, gleicht sie mit einer internen Tabelle ab und schaltet dann den Ladevorgang frei. Das Beenden des Ladevorgangs geschieht ähnlich, auch hier ist ein kurzer Anruf nötig, um die Verriegelung zu lösen. Am Ende wird dem Nutzer noch die geladene Menge Energie angezeigt.
Dies erwies sich als ein recht komplexes Vorhaben, da vor allem die direkte Ansteuerung des UMTS-Sticks alles andere als einfach war. Eine Internetverbindung herzustellen ist eine Sache, die direkten Modembefehle bei einem Anruf auszuwerten eine ganz andere.
Doch schlußendlich hat alles geklappt – sowohl Elektrotechnik- als auch Elektronikgruppe wurden rechtzeitig fertig und präsentierten die Ladesäule am 25. Juni den prüfenden Lehrern, zahlreichen Schülern und weiteren Gästen.
Das Entwicklerteam der TBS1. Bild © Ernesto Ruge, ruhrmobil-E e.V.
In näherer Zukunft wird Bochum also zwei weitere 22 kW Typ2 Ladeanschlüsse bekommen. Der Standort wird die TBS1 sein, durch den dort stattfindenden Umbau kann die Säule aber nicht sofort aufgestellt werden. Durch die elektronische / informationelle Autonomie und die stabile Bauweise dürfte die Säule in Sachen Zuverlässigkeit mit den kommerziellen Säulen mithalten können – wenn nicht gar zuverlässiger sein.
Die interne Tabelle welche alle Telefonnummern mit Zugangsberechtigung enthjält wird von einem Ansprechpartner aus der Schule gefüllt. Spontane Lader werden wahrscheinlich kostenlos laden können, regelmäßige Lader werden um eine Spende an den Förderverein gebeten, welcher die Säule auch rechtlich betreuen wird. Gespeist wird die Säule v.a. aus der großen Photovoltaikanlage der TBS1.
Wir haben den Bau mit begleitet und waren bei der Präsentation dabei:
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