Archiv der Kategorie: OpenData

Bürger machen Wissenschaft: Feinstaub-Sensoren selber bauen

Update: Fragen und Antworten zu dem Projekt haben wir auf eine Projekt-Website ausgelagert.

Feinstaub – kaum etwas hat die Mobilitätsbranche in den letzten Monaten so sehr beeinflusst wie die kleinen, gesundheitsschädlichen Partikel. Dabei hat Feinstaub eine Geschichte: die Umweltzonen sind eigentlich ein Marketing-Fehler, denn es waren eigentlich Feinstaub-Zonen. Neben Diesel-Fahrzeugen (PKW, LKW, Schiffe, …) erzeugen aber auch Kamine, lokale Industrie und weitere Quellen die gesundheitsgefärdenden Partikel.

Um sich klar werden zu lassen, wann und wo die Feinstaub-Konzentration besonders hoch ist, hilft ein engmaschiges Sensornetz. Das behördliche Netz ist jedoch nicht sonderlich eng. Daher hat das Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur der Universität Stuttgart angefangen, selbst Sensoren zu bauen, aufzustellen und die Daten zu verwerten. Die Idee ist, Bürger mit einzubinden und so ein klassisches Citizen-Science-Projekt zu schaffen.

Stuttgart ist prädestiniert, da es geographisch bedingt besonders von Feinstaub betroffenen ist. Aber auch im Ruhrgebiet, in Wuppertal und in anderen Städten von NRW gibt es regelmäßige Überschreitungen. Daher haben wir vom Verein ruhrmobil-E gemeinsam mit VeloCityRuhr beschlossen, das Feinstaub-Sensor-Projekt nach NRW zu holen.

Selbst gebaute Sensoren in der Praxis

Drei Sensoren gibt es in NRW schon, einer davon ist auf meinem Balkon. Eine interaktive Karte aller Sensoren kann man sich hier anschauenEine globale Historie kann hier abgerufen werden, eine sensorspezifische hier.

Der Sensor selbst besteht aus Bauteilen im Wert von etwa 33,00 €. Der Zusammenbau ist denkbar einfach: mit einer Hand voll Kabeln müssen die beiden Sensoren an die Hauptplatine gesteckt werden. Es ist kein Löten notwendig, lediglich ein bisschen sauberes Arbeiten, so dass am Ende Plus und Minus nicht vertauscht werden.

Der fertig zusammengebaute Feinstaubsensor.

Um das Gerät einzusetzen, wird ein WLAN sowie ein Handyladegerät (ist in den 33 € enthalten) benötigt. Ebenso mit dabei ist ein flaches Ladekabel, welches durch die Gummidichtung eines  geschlossenen Fensters passt und man den Sensor so draußen aufhängen kann. Optimalerweise ist ein Sensor auf der Straßenseite und im Erdgeschoss bis zweiten Stock. Allerdings kann auch die Hausrückseite interessante Ergebnisse bringen. Die Position sollte bei der Registrierung des Sensors angegeben werden, damit man die Werte richtig interpretieren wollen. Ebenfalls mitgesendet wird die Position des Sensors, diese wird aber leicht anonymisiert, so dass eine klare Hauszuordnung nicht mehr möglich ist, wohl aber eine geographische Einordnung zur Interpretation der Ergebnisse (z.B. bei einer stark befahrenen Straße).

Sensoren mit uns selbst bauen

Wir werden mehrere Termine anbieten, wo wir gemeinsam die Sensoren zusammenbauen wollen. Auch das ein bisschen kompliziertere Flashen der Hauptplatine wollen wir dort gemeinsam erledigen, so dass nachher alle mit einem funktionierenden Sensor nach Hause gehen können.

Wenn Sie / Du an dem Termin oder an einer der Folgetermine teilnehmen wollen / wollt, würden wir uns sehr über eine zweckgebundene Spende in der Höhe von 33 € freuen. Denn nur wenn wir auch genug Spenden erhalten, können wir gemeinsam die Bauteile bestellen und so den Prozess für alle erheblich vereinfachen. Wir kümmern uns dann um die Bestellung, Sie / Ihr müssen / müsst nur noch zusammenbauen.

Kontoinhaber: ruhrmobil-E e.V.
IBAN: DE20 4306 0967 4033 5307 00
BIC: GENODEM1GLS
Betrag: 33,00 €

Bitte schreiben Sie / schreibt einen sinnvollen Verwendungszweck dazu, um Sie / Euch dann nachher zuordnen zu können. Bestenfalls also euren Namen. Danke! Und: wir sind kein Versandhandel, sondern ein Verein, der Spenden sammelt, um sich dann zu treffen und gemeinsam ein Feinstaub-Sensor-Netzwerk aufzubauen. Lies: wir versenden nicht.

Eine Anmeldung ist erforderlich!

 

Ein Dankeschön

Schon jetzt möchten wir dem OK Lab Stuttgart für die großartige Arbeit danken: von Softwareentwicklung bis Bauanleitung haben die Stuttgarter sich wirklich um alles gekümmert. Außerdem wäre da noch das Labor, das uns freundlicherweise den Raum stellt. Und natürlich möchten wir uns auch bei Ihnen / Euch bedanken, denn nur so funktioniert es: viele Menschen, die Sensoren bauen, bedeuten vielen in der Fläche verteilte Sensoren und damit eine hohe Aussagekraft.

Öffentlichkeitsarbeit und Soziale Medien: die Präsentation

Auf der vergangenen Netzwerksitzung haben wir uns auf der ruhrmobil-E Netzwerksitzung zusammen mit e:motion einen Überblick über Öffentlichkeitsarbeit und Soziale Medien verschafft. Wie versprochen gibt es nun das PDF mit zahlreichen weiterführenden Links zum Download. Bei Interesse werden wir in Anschluss einen Workshop anbieten – bitte melden Sie sich, falls Interesse besteht.

Web und Social Media bedeutet Vielfalt. Bild © CC BY-SA ethority.de

Web und Social Media bedeutet Vielfalt. Bild © CC BY-SA ethority.de

OpenTransit: Offene Daten für den Verkehr

Ein Mobilitätskonzept ist nur so gut, wie die Verknüpfung der Verkehrsmittel funktioniert. Dies bedeutet heutzutage nicht nur eine physikalische Verknüpfung wie Carsharingstationen an Bahnhöfen, sondern auch eine Datenverknüpfung. Denn letztlich muss nicht nur die Verkehrsmittel da sein, um von A nach B zu kommen, der Nutzer muss auch erfahren können, welche Wege er nutzen kann. Dabei sollte nicht nur die theoretische Route ausgegeben werden, in Zeiten von Live-Verkehrsdaten sollte die vorgeschlagene Route Staus, Baustellen, Bahn-Verspätungen, Umleitungen und andere spontan auftretende Verzögerungen mit berücksichtigen.

Das sperrige Wort Mobilitätskonzept wird mit Leben gefüllt. Foto: Udo Geisler

Das ruhrmobil-E Mobilitätskonzept benötigt für eine konsequente Umsetzung ebenfalls offene Daten. Foto: Udo Geisler

Einen kleinen Ausblick darauf wirft der DB Navigator der Deutschen Bahn – dort bekommt man auf sein Smartphone eine Live-Route mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln in Deutschland. Dies ist aber nur ein erster Schritt – das System ist weitestgehend in sich geschlossen, es kann also nicht in fremde Anwendungen integriert werden, die Daten können nicht anders (und damit womöglich effizienter) dargestellt werden und die Erweiterung auf andere Verkehrsmittel ist ebenfalls nicht möglich.

Die Lösung dieser Probleme kommt aus der OpenData Szene: OpenTransit. Dies bedeutet, dass Fahrplandaten incl. Live-Daten freigegeben werden, um daraus einen Mehrwert für das Unternehmen und für die Nutzer zu generieren. In den USA ist dies bereits stark verbreitet und in einigen Kreisen der Bevölkerung auch sehr erfolgreich. In zahlreichen amerikanischen Großstädten gibt es eine wahre Flut an Applications, mit denen man schneller und besser von A nach B kommt. Das Blog Zukunft Mobilität hat einige dieser Applications vorgestellt, zudem gibt es ein Video, welches viel davon zusammenfasst.

[vimeo 13764646 495 280]

Ein besonderes Beispiel für das, wohin die Reise führen kann, ist das LCD Panel bei Minute 2:15. Dort wird mit Hilfe von offenen Daten den Kunden einer luxuriösen Eisdiele eine Live-Information gegeben, wann sie den nächsten Bus bekommen können. Dies mag ein zunächst trivialer Anwendungsfall sein, er zeigt aber, dass offene Daten einerseits Kunden von Unternehmen einen Mehrwert geben – sie müssen nicht mehr auf den Fahrplan schauen und bekommen vor allem auch mit, wenn der Bus verspätet ist. Auf der anderen Seite ist ein derartiger Hinweis Werbung für den ÖPNV – wenn eine Strecke planbar ist, benötigt man für diese kaum mehr das Auto.

In Deutschland sind wir leider noch nicht so weit, die Deutsche Bahn testet aber bereits erste Anwendungen wie z.B. den Zugmonitor. Die Möglichkeiten sind aber umfassend, wie die Beispiele aus den USA zeigen. Und es geht auch noch weiter: Wie wäre es, wenn man diese offenen Daten in ein multimodales Routingsystem einbaut und so die Effizienz des Verkehrssystems erheblich erhöht? Dass verkehrsträgerübergreifende Mobilität sowohl vorteilhaft für die Gesellschaft als auch ein Geschäftsmodell sein kann hat Ernst & Young schon länger festgestellt. Mit offenen Daten würde der Vorteil für die Gesellschaft noch größer werden, da sich die besten Ideen und Geschäftsmodelle abseits von Monopolen durchsetzen könnten.

Doch nicht nur die Mobilität selbst, sondern auch die Verknüpfung mit anderen Daten bietet interessante Möglichkeiten. Zum Beispiel hat Wikimedia Deutschland Informationen über alle in Deutschen Bibliotheken verfügbaren Bücher. Würde man nun offene Bibliotheksdaten mit offenen Verkehrsdaten verbinden, könnte man eine Anwendung bauen, bei der man ein Buch sucht, und die Anwendung sagt einem dann, welche Bibliothek mit diesem Buch man mit dem gewünschten Verkehrsmittel am schnellsten erreichen kann. Dies ist in Großstädten nicht zwangsläufig die von den Kilometern her nächste Bibliothek, vielleicht lohnt es sich auch, einen schnellen RE zu der Bibliothek weiter weg zu nehmen anstatt mit dem Bus ein Wohnviertel nach dem nächsten zu durchkreuzen. Die Verbindung zwischen der Informationen über Bücher und über Verkehr lässt somit völlig neue Anwendungsfälle zu.

Mit OpenTraffic können auch ganz andere Themen wie Bibliotheken verknüpft werden. Bild CC-BY © Rob124, http://www.flickr.com/photos/15472273@N07/

Mit OpenTraffic können auch ganz andere Themen wie der Zugang zu Büchern aus öffentlichen Bibliotheken verknüpft werden. Bild CC-BY © flickr.com/Rob124

Derartige Ideen sind letztlich nicht nur auf den öffentlichen Personen-Nahverkehr begrenzt, auch klassische Autos haben mit Hilfe von Vernetzung ihre Vorteile. Offene Stau-Datenbanken sind eine bereits heute gern genutzte Quelle für Navigationssysteme, doch dies wird in Zukunft mehr werden. Spätestens mit vollkommen autonom fahrenden Fahrzeugen wird das Thema OpenData auch bei Fahrzeugen eine ganz erhebliche Rolle spielen – denn neben Vorteilen wie Reaktionsgeschwindigkeit autonomer Fahrzeuge ist auch die Vernetzungsmöglichkeit eines der größten Vorteile derartiger Autos. Auch hier wird die Frage nach offenen Daten diskutiert werden müssen, denn auch hier werden Daten das A und O für die Entwicklung neuer Ideen und Konzepte sein. Die ersten Apps in Fahrzeugen zeigen diese Perspektive bereits auf – und das autonome Fahrzeug ist nicht mehr so weit weg wie man annehmen mag.

Auf der Dezember-Netzwerksitzung von ruhrmobil-E haben wir das Thema OpenTraffic diskutiert. Der dort präsentierte Vortrag findet sich hier als PDF.

Visualisierung des britischen Nahverkehrs

Das Blog Zukunft Mobilität hat vor einigen Tagen zwei bemerkenswerte Videos veröffentlicht und diese entsprechend kommentiert. Da diese einerseits die Komplexität und die regionale Verteilung des ÖPNV und andererseits die Vorzüge von OpenData zeigen, möchte ich diese hier reposten. Zunächst Schienenfahrzeuge, Fähren und Flugzeuge:

Eine separates Video gibt es für den Busverkehr (besonder spannend: die Überland-Angebote sowie die Frequentierung weit um die Zentren herum):

Zudem kann man in den folgenden beiden Videos sehen, warum U-Bahnen aus unserer Perspektive so „krumm“ fahren – beim Bau wurden georgaphische Gegebenheiten berücksichtig. Integriert man diese in das Linienbild, sieht es plötzlich sehr sinnvoll aus (Im Fall folgender Videos für das Zentrum Londons gemacht, die Linien im Aussenbereich sehen dadurch etwas merkwürdig aus):

Eine ausführliche Kommentierung sowie weitere Infografiken finden sich auf dem Blog. Klare Leseempfehlung!