OpenTransit: Offene Daten für den Verkehr

Ein Mobilitätskonzept ist nur so gut, wie die Verknüpfung der Verkehrsmittel funktioniert. Dies bedeutet heutzutage nicht nur eine physikalische Verknüpfung wie Carsharingstationen an Bahnhöfen, sondern auch eine Datenverknüpfung. Denn letztlich muss nicht nur die Verkehrsmittel da sein, um von A nach B zu kommen, der Nutzer muss auch erfahren können, welche Wege er nutzen kann. Dabei sollte nicht nur die theoretische Route ausgegeben werden, in Zeiten von Live-Verkehrsdaten sollte die vorgeschlagene Route Staus, Baustellen, Bahn-Verspätungen, Umleitungen und andere spontan auftretende Verzögerungen mit berücksichtigen.

Das sperrige Wort Mobilitätskonzept wird mit Leben gefüllt. Foto: Udo Geisler

Das ruhrmobil-E Mobilitätskonzept benötigt für eine konsequente Umsetzung ebenfalls offene Daten. Foto: Udo Geisler

Einen kleinen Ausblick darauf wirft der DB Navigator der Deutschen Bahn – dort bekommt man auf sein Smartphone eine Live-Route mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln in Deutschland. Dies ist aber nur ein erster Schritt – das System ist weitestgehend in sich geschlossen, es kann also nicht in fremde Anwendungen integriert werden, die Daten können nicht anders (und damit womöglich effizienter) dargestellt werden und die Erweiterung auf andere Verkehrsmittel ist ebenfalls nicht möglich.

Die Lösung dieser Probleme kommt aus der OpenData Szene: OpenTransit. Dies bedeutet, dass Fahrplandaten incl. Live-Daten freigegeben werden, um daraus einen Mehrwert für das Unternehmen und für die Nutzer zu generieren. In den USA ist dies bereits stark verbreitet und in einigen Kreisen der Bevölkerung auch sehr erfolgreich. In zahlreichen amerikanischen Großstädten gibt es eine wahre Flut an Applications, mit denen man schneller und besser von A nach B kommt. Das Blog Zukunft Mobilität hat einige dieser Applications vorgestellt, zudem gibt es ein Video, welches viel davon zusammenfasst.

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Ein besonderes Beispiel für das, wohin die Reise führen kann, ist das LCD Panel bei Minute 2:15. Dort wird mit Hilfe von offenen Daten den Kunden einer luxuriösen Eisdiele eine Live-Information gegeben, wann sie den nächsten Bus bekommen können. Dies mag ein zunächst trivialer Anwendungsfall sein, er zeigt aber, dass offene Daten einerseits Kunden von Unternehmen einen Mehrwert geben – sie müssen nicht mehr auf den Fahrplan schauen und bekommen vor allem auch mit, wenn der Bus verspätet ist. Auf der anderen Seite ist ein derartiger Hinweis Werbung für den ÖPNV – wenn eine Strecke planbar ist, benötigt man für diese kaum mehr das Auto.

In Deutschland sind wir leider noch nicht so weit, die Deutsche Bahn testet aber bereits erste Anwendungen wie z.B. den Zugmonitor. Die Möglichkeiten sind aber umfassend, wie die Beispiele aus den USA zeigen. Und es geht auch noch weiter: Wie wäre es, wenn man diese offenen Daten in ein multimodales Routingsystem einbaut und so die Effizienz des Verkehrssystems erheblich erhöht? Dass verkehrsträgerübergreifende Mobilität sowohl vorteilhaft für die Gesellschaft als auch ein Geschäftsmodell sein kann hat Ernst & Young schon länger festgestellt. Mit offenen Daten würde der Vorteil für die Gesellschaft noch größer werden, da sich die besten Ideen und Geschäftsmodelle abseits von Monopolen durchsetzen könnten.

Doch nicht nur die Mobilität selbst, sondern auch die Verknüpfung mit anderen Daten bietet interessante Möglichkeiten. Zum Beispiel hat Wikimedia Deutschland Informationen über alle in Deutschen Bibliotheken verfügbaren Bücher. Würde man nun offene Bibliotheksdaten mit offenen Verkehrsdaten verbinden, könnte man eine Anwendung bauen, bei der man ein Buch sucht, und die Anwendung sagt einem dann, welche Bibliothek mit diesem Buch man mit dem gewünschten Verkehrsmittel am schnellsten erreichen kann. Dies ist in Großstädten nicht zwangsläufig die von den Kilometern her nächste Bibliothek, vielleicht lohnt es sich auch, einen schnellen RE zu der Bibliothek weiter weg zu nehmen anstatt mit dem Bus ein Wohnviertel nach dem nächsten zu durchkreuzen. Die Verbindung zwischen der Informationen über Bücher und über Verkehr lässt somit völlig neue Anwendungsfälle zu.

Mit OpenTraffic können auch ganz andere Themen wie Bibliotheken verknüpft werden. Bild CC-BY © Rob124, http://www.flickr.com/photos/15472273@N07/

Mit OpenTraffic können auch ganz andere Themen wie der Zugang zu Büchern aus öffentlichen Bibliotheken verknüpft werden. Bild CC-BY © flickr.com/Rob124

Derartige Ideen sind letztlich nicht nur auf den öffentlichen Personen-Nahverkehr begrenzt, auch klassische Autos haben mit Hilfe von Vernetzung ihre Vorteile. Offene Stau-Datenbanken sind eine bereits heute gern genutzte Quelle für Navigationssysteme, doch dies wird in Zukunft mehr werden. Spätestens mit vollkommen autonom fahrenden Fahrzeugen wird das Thema OpenData auch bei Fahrzeugen eine ganz erhebliche Rolle spielen – denn neben Vorteilen wie Reaktionsgeschwindigkeit autonomer Fahrzeuge ist auch die Vernetzungsmöglichkeit eines der größten Vorteile derartiger Autos. Auch hier wird die Frage nach offenen Daten diskutiert werden müssen, denn auch hier werden Daten das A und O für die Entwicklung neuer Ideen und Konzepte sein. Die ersten Apps in Fahrzeugen zeigen diese Perspektive bereits auf – und das autonome Fahrzeug ist nicht mehr so weit weg wie man annehmen mag.

Auf der Dezember-Netzwerksitzung von ruhrmobil-E haben wir das Thema OpenTraffic diskutiert. Der dort präsentierte Vortrag findet sich hier als PDF.

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